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21. August 2025Der Aufstieg des Regionalismus in Zentralasien:

Uzbekistan Airways (Foto: Volker Neef)
Vom Dialog zur gemeinsamen Vision
Eldor Tulyakov ist der exekutive Direktor des Zentrums für Entwicklungsstrategie der Republik Usbekistan. Er betonte: „In den letzten Jahren hat Zentralasien einen bemerkenswerten Wandel durchlaufen – von einer Region, die historisch durch politische Spaltungen und konkurrierende nationale Interessen geprägt war, zu einer Region, die zunehmend von Zusammenarbeit, Annäherung und Dialog gekennzeichnet ist. Heute beschäftigen sich die zentralasiatischen Länder aktiv mit dem Konzept der strategischen Autonomie und einer stärkeren regionalen Solidarität, nicht als abstrakte Ambition, sondern als praktische Antwort auf die gemeinsamen Herausforderungen und Chancen, denen sie gegenüberstehen.

Ein wichtiges institutionelles Instrument für diese sich entwickelnde Zusammenarbeit ist das Konsultativtreffen der zentralasiatischen Staats- und Regierungschefs. Im Gegensatz zu formellen internationalen Gipfeltreffen ermöglicht dieses Forum einen offenen und informellen Dialog zwischen den Staatschefs. Es wird gerade deshalb geschätzt, weil es den Staats- und Regierungschefs ermöglicht, sensible regionale Angelegenheiten offen und ohne die Zwänge des Protokolls zu diskutieren. Die Dynamik der regionalen Zusammenarbeit nimmt eindeutig zu, und dieses Forum ist zu einem Symbol für den Wunsch Zentralasiens geworden, seine Zukunft selbst in die Hand zu nehmen. Darüber hinaus kooperieren die zentralasiatischen Staaten über Plattformen wie die Shanghai Organisation für Zusammenarbeit (SCO) und die Organisation der Turkstaaten, die beide multilaterale Mechanismen zur Bewältigung regionaler Sicherheitsfragen, zur wirtschaftlichen Integration und zum kulturellen Austausch bieten. Wichtig ist, dass sich die Region, in der einst nationale Interessen miteinander konkurrierten, nun zu einem Raum gemeinsamer strategischer Visionen entwickelt, einschließlich koordinierter Positionen in internationalen Foren wie den Vereinten Nationen.

Darüber hinaus hat sich in den letzten Jahren eine zunehmende Koordinierung und regionale Angleichung der Außenpolitik der zentralasiatischen Staaten gezeigt, insbesondere in ihren Beziehungen zu externen Partnern. Diese Veränderung spiegelt sich in der Entstehung multilateraler Dialogformate zwischen Zentralasien und wichtigen globalen Akteuren wider. Insbesondere der Gipfel zwischen der Europäischen Union und Zentralasien, der zuletzt 2025 in Samarkand stattfand, war ein Meilenstein im strategischen Dialog und unterstrich das gemeinsame Engagement für regionale Konnektivität, nachhaltige Entwicklung und gegenseitige Sicherheit. Ähnliche regionale Kooperationsformate wurden mit anderen globalen Akteuren institutionalisiert, beispielsweise das C5+1-Format mit den Vereinigten Staaten, das sich auf den ökologischen Wandel, Wirtschaftsreformen und regionale Sicherheit konzentriert. Deutschland hat ebenfalls einen hochrangigen Dialog zwischen Zentralasien und Deutschland vorangetrieben, darunter die „Berliner Initiative“, die auf die Förderung grüner Energie, beruflicher Bildung und Rechtsstaatlichkeit abzielt. Italien hat unterdessen sein Format „Zentralasien + Italien“ als Teil seiner Strategie zur Diversifizierung der Partnerschaften in Eurasien und zur Förderung der Wirtschaftsdiplomatie ins Leben gerufen. Diese Plattformen spiegeln einen gemeinsamen regionalen Ansatz wider, bei dem die zentralasiatischen Staaten zunehmend dazu übergehen, als Block aufzutreten, anstatt ausschließlich bilaterale Kanäle zu nutzen. Dies stärkt ihre Verhandlungsposition, Sichtbarkeit und strategische Kohärenz auf der globalen Bühne. Zwar behält jedes Land seine Souveränität und spezifischen außenpolitischen Prioritäten bei, doch wächst die Erkenntnis, dass regionale Solidarität die Stimme und den Einfluss in einem zunehmend komplexen geopolitischen Umfeld verstärkt.

Dieser Wandel steht im Einklang mit den umfassenderen Bemühungen zum Aufbau einer regionalen Identität im Rahmen der Konsultativtreffen der zentralasiatischen Staats- und Regierungschefs und spiegelt die pragmatische Erkenntnis wider, dass gemeinsame Herausforderungen – wie Wassermanagement, Klimaanpassung und Migration – besser gemeinsam und in Abstimmung mit internationalen Partnern angegangen werden können. Gemeinsame regionale Herausforderungen tragen ebenfalls zu dieser zunehmenden Annäherung bei. Klimawandel, Wasserknappheit und Arbeitsmigration sind grenzüberschreitende Probleme. Eine der drängendsten Sorgen ist die Verwundbarkeit der Region durch die Anwesenheit von Millionen zentralasiatischer Arbeitsmigranten in Russland, die zu wirtschaftlicher, politischer und sogar sozialer Instabilität führt. Ebenso erfordern Sicherheitsbedrohungen durch Terrorismus, Extremismus und Instabilität im benachbarten Afghanistan eine koordinierte regionale Reaktion. In diesem Zusammenhang hat Usbekistan eine führende Rolle bei der Befürwortung eines konstruktiven Engagements mit Afghanistan übernommen. Anstatt Afghanistan ausschließlich als Sicherheitsbedrohung zu betrachten, betont Usbekistan sein Potenzial als Partner für die regionale Entwicklung. Taschkent fördert weiterhin Infrastruktur- und Konnektivitätsprojekte, die Afghanistan einbeziehen, und arbeitet aktiv mit globalen Akteuren zusammen, um Fehler der Vergangenheit, die zu Isolation und Instabilität geführt haben, nicht zu wiederholen. Diese Bemühungen sind entscheidend, um Radikalisierung entgegenzuwirken und die Ausbreitung von Extremismus in der Region zu verhindern. Ein weiteres großes regionales Problem ist der demografische Druck, insbesondere in Usbekistan, wo über 60 Prozent der Bevölkerung unter 30 Jahre alt sind. Dieser Jugendüberschuss birgt sowohl Chancen als auch Herausforderungen. Usbekistan hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 mindestens 50 Prozent der jungen Menschen den Zugang zu Hochschulbildung zu ermöglichen – ein ehrgeiziges und notwendiges Ziel. Dieser Bildungsausbau muss jedoch mit sinnvollen Beschäftigungsmöglichkeiten einhergehen. Zu diesem Zweck hat Usbekistan eine spezialisierte Migrationsagentur eingerichtet, um die organisierte Entsendung qualifizierter Fachkräfte ins Ausland zu erleichtern, auch in Zusammenarbeit mit der Europäischen Union. Abkommen mit Ländern wie Deutschland bestehen bereits, und weitere werden voraussichtlich folgen. Alle diese Initiativen – ob in den Bereichen Bildung, Migration, Energie oder Sicherheit – werden parallel und in Partnerschaft mit regionalen Partnern verfolgt. Die zunehmende Angleichung außenpolitischer Prioritäten, das Fehlen zwischenstaatlicher Spannungen und die Praxis der Konsultation signalisieren, dass Zentralasien eine neue regionale Identität entwickelt, die auf strategischer Autonomie, gegenseitigem Respekt und proaktiver Zusammenarbeit basiert. Während das Konzept einer formellen „politischen Union“ noch verfrüht ist, werden die Grundlagen für eine tiefere regionale Integration gelegt. Solange dieser kooperative Geist anhält, wird die zentralasiatische Region in einem turbulenten geopolitischen Umfeld weiter an Handlungsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit gewinnen“.
Text: BakAsl
Foto: BasAsl; Volker Neef